Temperaturmessung an einem Sitzblockstein

Temperaturmessung an einem Sitzblockstein

21. Juli 2021

Ein Kunde ist im April 2021 an die SCHWENK Bauberatung mit der Fragestellung herangetreten, wie hoch die Kern- und Oberflächentemperatur in einem massiven Fertigteil ist und ob daraus eine Rissgefahr entsteht. Speziell im Winter spielt der Zeitpunkt des Ausschalens bzw. der Transport in das Außenlager für die Temperaturdifferenz zwischen Kern und Oberflächen eine wesentliche Rolle. Aber auch im Sommer sind die Temperaturen wegen den höheren Frischbetontemperaturen zu beachten. Zur Vermeidung von Rissen infolge von Eigenspannungen sollte, nach der DAfStb-Richtlinie zur Wärmebehandlung von Beton [1], die Temperaturdifferenz nicht mehr als 20 Kelvin betragen. Die resultierende Oberflächentemperatur ergibt sich u.a. aus der Umgebungstemperatur und dem gewählten Schalungsmaterial. Die unterschiedlichen Wärmedurchgangskoeffizienten der Medien (Schalung: Stahl, Holz, Kunststoff, ausgeschalt: Luft) haben einen direkten Einfluss auf das Abfließen der Hydratationswärmemenge über die Zeit. In diesem Projekt bestand die Schalung aus Filmsperrholzplatten.

Betone, die bei erhöhten Temperaturen erhärten und in feuchter Umgebung eingesetzt werden, können unter besonderen Bedingungen durch eine späte Ettringitbildung eine Schädigung durch einen Spannungsaufbau mit anschließender Rissbildung erfahren („Sekundärettringit“). Aus diesem Grund sollte nach DAfStb-Richtlinie [1] die Kerntemperatur 60 °C bei Bauteilen der Feuchtigkeitsklasse WF nicht überschreiten.

Für die Höhe der Kerntemperatur spielen folgende Faktoren eine Rolle:

  • Bauteildicke
  • Rohdichte des Betons
  • Frischbetontemperatur
  • Zementgehalt
  • Hydratationswärme des Zementes
  • Wasserzementwert

Abschätzungsformeln zur Berechnung der zu erwartenden Frischbeton- und Kerntemperatur sind unseren „Betontechnischen Daten“ [2] zu entnehmen. Erforderlich für die Berechnung der Kerntemperatur ist die Kenntnis über die zeitliche Hydratationswärmeentwicklung des eingesetzten Zementes in der Einheit Joule pro Gramm. Diese Daten liegen für unsere Zemente vor und können bei Bedarf über die SCHWENK Bauberatung angefragt werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, mit den beiden Programmmodulen KINFEST und KINTEMP eine rechnerische Prognose der Temperatur- und Festigkeitsentwicklung einer konkreten Betonrezeptur und Bauteilgeometrie durchzuführen.

Eine in der Praxis eingeführte Messmethode ist die Verwendung von Temperaturelementen in Verbindung mit einem Datenlogger. Mit den einbetonierten Temperaturfühlern kann die Temperatur quasi kontinuierlich an verschiedenen Stellen eines Bauteils gemessen und aufgezeichnet werden. Die Zeiteinheiten der Messung können frei gewählt werden. In diesem Projekt wurden Messschritte mit 5 Minuten gewählt.

Für die Messung beim Kunden wurde ein Gerät der Firma Testo mit 4 Messkanälen (Lufttemperatur und drei Bauteiltemperaturen) aus dem Besitz des SCHWENK Technologiezentrums, Zentrallabor Süd in Allmendingen eingesetzt. Die Auswertung der etwa 900 Datensätze erfolgte ebenfalls durch das Labor.

Das geprüfte Bauteil (Abbildung 1) hatte folgende Abmessungen und Rezepturdaten:

  • Länge x Breite x Höhe: 120 x 60 x 70 cm3
  • Zementgehalt: 230 kg/m3 SCHWENK CEM II/A-LL 42,5 R (Allmendingen)
    150 kg/m3 SCHWENK CEM I 52,5 R (ft) (Allmendingen)
  • Wasserzementwert: 0,41
  • Gesteinskörnung: 0/8 mm Alpine Moräne
  • Frischbetontemperatur:15,5 °C


Abbildung 1: Massiver Betonsitzstein mit Messtechnik (geschützt im Behälter)


Abbildung 2: Temperaturverlauf im Bauteil und der Luft über 72 Stunden

Interpretation der Messdaten
Die maximal gemessene Kerntemperatur lag bei 44,7 °C. Die überschlägige Abschätzung nach den „Betontechnischen Daten“ [2] ergab 46 °C, also in beiden Fällen deutlich von einer für Sekundärettringit kritischen Temperatur entfernt. Die höchste gemessene Temperaturdifferenz im Bauteil (Kern-Seitenfläche) liegt unter 6 K. Der maximale Temperaturunterschied zwischen Kern und Luft beträgt punktuell bis zu 30 K und zeigt, dass sich bei niedrigen Außentemperaturen am Morgen und in der Nacht am ungeschützten Bauteil durchaus ein Temperaturgradient über den Bauteilquerschnitt einstellen kann. Am Sitzblockstein konnten jedenfalls keine Risse oder Schäden festgestellt werden.

Wenn eine kritische Temperaturdifferenz in einem sehr jungen Betonalter mit geringer Zugfestigkeit erreicht wird, kann dies zu Rissschäden bei dicken und massigen Bauteilen führen. Nach der DAfStb-Richtlinie Massige Bauteile aus Beton [3] ist ein massiges Bauteil dadurch gekennzeichnet, dass die kleinste Abmessung mindestens 0,8 m beträgt.

Durch gezielte wärmehaltende Nachbehandlungsmaßnahmen oder ausreichend lange Lagerung der jungen Betonbauteile in der (im Idealfall im Winter beheizten) Halle, kann die Rissgefahr bei Fertigteilen minimiert werden. Eine niedrige Frischbetontemperatur und eine an die Jahreszeit angepasste Rezeptur sind hilfreich. Allerdings gehen abgesenkte Frischbetontemperaturen oder weniger reaktive Bindemittelkombinationen zu Lasten der Produktivität.

Die aufgezeichnete Temperaturentwicklung kann auch genutzt werden, um die Reife des Betons über verschiedene Verfahren (z.B. gewichtete Reife nach de Vree) zu bestimmen. Damit lässt sich ebenfalls der frühestmögliche Ausschalzeitpunkt und die Nachbehandlungszeit wirtschaftlich optimieren.

Falls Sie ebenfalls eine interessante Fragestellung haben, können Sie jederzeit gerne den zuständigen Bauberater in Ihrer Region kontaktieren.

Literatur:
[1]     DAfStb-Richtlinie zur Wärmebehandlung von Beton, Ausgabe 2012-11, Deutscher Ausschuss für Stahlbeton e.V. – DAfStb, Budapester Straße 31, D-10787 Berlin
[2]     Betontechnische Daten, 8. Auflage, Seite 260 – 267, SCHWENK Zement GmbH & Co. KG, Hindenburgring 15, D-89077 Ulm
[3]     DAfStb-Richtlinie Massige Bauteile aus Beton, Ausgabe 2010-04, Deutscher Ausschuss für Stahlbeton e.V. – DAfStb, Budapester Straße 31, D-10787 Berlin

 

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